Am 23. August 2024 hielt Laura den folgenden Redebeitrag für uns beim Bunt! Laut! Kämpferisch! Open Air auf dem Jenaer Theaterplatz:

Hallo,

bei „Uni gegen Rechts“ haben wir uns als Beschäftigte und Studierende der Uni, als Gewerkschaften und sonstige Interessenvertretungen verschiedener Statusgruppen zusammengetan. Gemeinsam wollen wir demokratische Strukturen in unserem Betrieb stärken und so eine faschistische Regierung in Thüringen verhindern.

Denn eine Regierung mit AfD-Beteiligung würde massive Auswirkungen auf unser Studium, unsere Arbeit und unser Leben haben. Unser Betrieb ist die Universität – d.h. Werte wie Wissenschaftsfreiheit und Freiheit der Lehre sind für viele Kolleg*innen von großer Bedeutung. Insbesondere jetzt, da diese Werte bedroht sind - betrifft uns das alle.

Der Abbau der verfassten Studierendenschaft, d.h. des Studierendenrates und der Fachschaftsräte, wie ihn die AfD will, ist ganz offensichtlich ein Abbau von demokratischen Einrichtungen.

Doch nicht nur die Uni als Ort der Bildung und Forschung ist bedroht – auch an unserem Arbeitsort stehen unsere Mitbestimmung und unser Grundrecht auf gewerkschaftliche Interessenvertretung auf dem Spiel. 

Was die AfD von Gewerkschaften hält, ist kein Geheimnis.

So markiert z.B. Höcke in seiner sogenannten „Brandrede“ von 2017 Gewerkschaften klar als Feindin.

„Die […] Gewerkschaften […] lösen unser liebes, deutsches Vaterland auf wie ein Stück Seife unter einem lauwarmen Wasserstrahl. Aber wir Patrioten werden diesen Wasserstrahl jetzt zudrehen! Wir werden unser Deutschland Stück für Stück zurückholen!”

Sie sollen aus Betrieben gedrängt und tarifvertragliche Standards rückgängig gemacht werden.

So sollen – wenn es nach der AfD geht - Personal- und Betriebsräte Verhandlungen um Haustarife führen, statt dass Gewerkschaften dies flächendeckend tun – und das heißt letztlich: Wir alle, die wir uns im Tarifkampf zusammentun für die Verbesserung unserer Arbeitsverhältnisse, sollen damit praktisch entmachtet werden.   Die von der AfD in ihrem Programm zur letzten Bundestagswahl geforderte „Entschlackung und Flexibilisierung des Arbeitsrechts“ soll vor allem Unternehmer*innen entlasten. Uns Lohnabhängige wird dies alle negativ treffen.

Auch wenn das Arbeitsrecht nicht auf Landesebene entschieden wird und so bei einem weiteren parlamentarischen Rechtsruck nach der Landtagswahl auf diesem Gebiet keine direkten gesetzlichen Veränderungen zu befürchten sind, muss uns doch klar sein, dass diese Rechte, von denen wir heute alle wie selbstverständlich profitieren, von Kolleg*innen in der Vergangenheit erkämpft wurden.

Sie wurden uns nicht geschenkt und sie können uns wieder entzogen werden. Und das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen.   Und auch außerhalb unseres Arbeitsplatzes werden sich Wahlerfolge der AfD auf unser Leben auswirken:

Alle Kolleg*innen, die wie ich zur Miete wohnen, sehen sich steigenden Mieten, einem Wegfall der Mietbremse und einem allgemeinen Fokus auf Wohneigentum gegenüber.

Statt Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Gleichstellung auch am Arbeitsplatz erwartet meine Kolleg*innen und mich, in uralte Rollenmodelle zurückgedrängt und in unserem Recht auf Selbstbestimmung noch mehr eingeschränkt zu werden.   Unsere queeren, migrantischen oder jüdischen Kolleg*innen, werden durch zunehmende rechte Gewalt, wie wir sie schon jetzt und überall dort beobachten können, wo es zu rechten Wahlerfolgen kommt, ganz direkt bedroht.

Auf ehemalige und ältere Kolleg*innen kommt mit einer erstarkenden AfD die Absenkung des Rentenniveaus und die Anhebung des Rentenalters zu.   Gleichzeitig sollen Spitzenverdiener*innen steuerlich entlastet werden.

Um diesen Rückgang von Steuereinnahmen zu ermöglichen, soll wie so oft bei der öffentlichen Daseinsfürsorge gespart werden

Dabei wissen wir Beschäftigte im öffentlichen Dienst doch längst: Kürzungen, Privatisierung und Flexibilisierung werden die Probleme unserer Gesellschaft nicht lösen – sie sind Teil des Problems.

Die Folgen werden zunehmende Unsicherheit und steigender Konkurrenzdruck, Vereinzelung und Verunsicherung sein. Genau diese Ohnmacht stärkt die extreme Rechte. Daher gehört es zu ihren Strategien, diese zu nähren.

Und genau da müssen wir gegenhalten:

Betriebliche Mitbestimmung, Kollegialität und Solidarität sind gerade jetzt, da unsere Arbeitsrechte - und wie in unserem Fall auch unsere Arbeitsplätze - bedroht sind, besonders notwendig.

Verunsicherung und Einschüchterung sollen uns Beschäftigte gegeneinander ausspielen und auch davor abschrecken, uns sozial und politisch zu engagieren.

Doch jetzt zählt es mehr denn je, dass wir uns involvieren, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und auch dazu bereit sind, Risiken einzugehen.  

Dafür können wir uns gegenseitig Stärke und Schutz geben. Wir können uns gegenseitig Mut machen und Rückhalt spenden. Je mehr wir sind, desto weniger angreifbar bleiben einzelne!   Studien zeigen, dass Menschen, die am Arbeitsplatz Mitbestimmung erfahren, weniger rechts eingestellt sind.

Daher wollen wir bei uns im Betrieb, der Uni, demokratische und solidarische Netzwerke aufbauen. Um unsere Interessen zu schützen, stark zu machen und auch um sie gegen Bedrohungen zu verteidigen. Und wir laden alle Beschäftigten in anderen Betrieben dazu ein, es uns gleich zu tun.

Um dem Rechtsruck nachhaltig etwas entgegenzusetzen, müssen wir seine Ursachen bekämpfen.

Denn eines ist offensichtlich: Alles, was ich gerade dargestellt habe, was sich durch Wahlerfolge der AfD verschlimmern wird, ist bereits jetzt schon schlimm.

Das merken wir nur manchmal unterschiedlich doll.

All die Probleme, die uns drohen, existieren bereits:

Kürzungen, explodierende Mieten, Entdemokratisierung, Verunsicherung, Diskriminierung und rechte Gewalt, sind jetzt schon Alltag.

Darum lasst uns alternative Antworten aufzeigen, unsere Ohnmacht zu bearbeiten!

Lasst uns Möglichkeiten der konkreten Mitbestimmung einfordern und eröffnen.

Nicht nur davon reden, Demokratie zu verteidigen, sondern demokratische Praxis gestalten: In Vereinen, in der Nachbarschaft, überall, wo wir mit Menschen zusammenkommen – und das ist einen Großteil unserer Zeit eben: im Betrieb.

Gewerkschaftliche Organisierung und Arbeitskampf sind solche demokratischen Praktiken.

Und übrigens auch: ziviler Ungehorsam, wegen dem jetzt Kolleg*innen um ihre Anstellungen an der Uni fürchten müssen, während weiterhin NSU-Helfer wie Coriand beauftragt werden.

Diese Praktiken sind nicht nur unbequeme Störung, sondern eine elementare Säule demokratischer Gesellschaft.

Und sie bieten uns eine doppelte Möglichkeit: Wir können gleichzeitig gegen rechts und für uns und unsere Interessen als Beschäftigte, für mehr Mitbestimmung und somit weniger Autoritarismus einstehen.

Beides geht nur jeweils miteinander und beides ist dringend nötig!

Am 4.September, also am Mittwoch nach der Wahl, planen wir eine aktive Mittagspause auf dem Ernst Abbe Campus.

Alle - auch außerhalb der Uni - sind herzlich eingeladen, dort zusammenzukommen und klar zu machen, in welche Richtung es bei den dann anstehenden Koalitionsverhandlungen nicht gehen darf.

Wir freuen uns wenn wir euch dort wiedersehen.

Kein Fußbreit dem Faschismus!

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